Der prominenteste Fall den Kerstin Heilmann hatte, war der mit einer Familie, die sich auch Hilfe über die Fernsehsendung „Die Supernanny“ gesucht hatte. Genauer wolle sie aber nicht darauf eingehen, die Familie sei auch mittlerweile aus Zeitz weggezogen. „Wenn wir tätig werden, ist Anonymität besonders wichtig“, so Heilmann.
Die Nedissenerin ist Mitarbeiterin bei der Opferhilfe-Organisation WEISSER RING und sie weiß wie hoch die Hemmschwelle, sich Hilfe zu suchen, oftmals ist. Dabei ist das, was die bundesweite Organisation anbietet, alles andere als gering. Denn neben der Seelsorge bietet der WEISSE RING auch ganz einfache und schnelle finanzielle Hilfe.
„Wenn jemandem die Geldbörse gestohlen wurde und er nicht weiß, wovon er sich die nächsten Tage etwas zu Essen kaufen soll, dann stehen wir bereit“, erklärt Jörg Bethmann. Der ehemalige Leiter Zentrale Aufgaben bei der hiesigen Polizei ist seit April der Chef der Außenstelle des WEISSEN RINGS im Burgenlandkreis. Doch eine Geschäftsstelle oder ein Büro gibt es nicht. Auch hier geht es wieder um Anonymität, aber auch schlanke Strukturen, damit das Geld dort ankommt, wo es gebraucht wird.
„Ich hatte mal den Fall einer jungen Frau, der das Handy gestohlen worden ist. Der haben wir unbürokratisch mit 300 Euro ausgeholfen, damit sie schnell wieder mobil sein konnte“, erinnert sich Kerstin Heilmann. Neben Bargeld gibt es auch Schecks für einen Anwalt, eine rechtsmedizinsche oder psychologische Beratung. Aber auch die Kosten für die Reinigung eines Tatortes bei einem Tötungsdelikt hat der WEISSE RING schon übernommen.
Der Kontakt zum WEISSEN RING kommt über die Notrufnummer 116 006 zustande. „Wenn der Hilfesuchende aus dem Burgenlandkreis ist, bekommt er meine Kontaktdaten. Danach ist auch ein persönliches Treffen möglich“, so Bethmann. Zu so einem Treffen, das dort stattfindet, wo der Anrufer das möchte, gehen die Mitarbeiter der Organisation immer zu zweit. „Gerade bei Sexualdelikten ist es dann gut, dass eine Frau mit dabei ist“, meint der ehemalige Polizist.
Neben Heilmann ist auch Anke Luksch aus Droyßig für den WEISSEN RING aktiv. Weibliche Unterstützung war zum Beispiel bei dem Fall einer Sexualstraftat gegen eine ältere Frau aus Zeitz nötig. „Sie wurde das Opfer einer Vergewaltigung, wollte aber nicht, dass ihre Kinder, die zudem in den alten Bundesländern wohnten, davon erfuhren. Sie wollte aber auch nicht allein damit bleiben“, erinnert sich Kerstin Heilmann. Es folgten zahlreiche Telefonate.
Die Außenstelle des WEISSEN RINGS im Burgenlandkreis ist immer auf der Suche nach neuen Kollegen. „Aufgeschlossen und kommunikativ, empathisch und sensibel sollte man sein“, nennt Bethmann die Voraussetzungen. Bei entsprechender Eignung folgt ein Grundseminar in Halle und ein weiteres in Jena. Ein einwandfreies erweitertes polizeiliches Führungszeugnis sei selbstverständlich.
„Es geht ja nicht nur um den vertrauensvollen Umgang mit den Opfern, sondern auch um den Umgang mit dem Geld des WEISSEN RINGS“, sagt Jörg Bethmann. Letztendlich entscheide hierbei aber oftmals das Bauchgefühl, welches Opfer wieviel und was von der Organisation erhält, meint Kerstin Heilmann. Das wenigste ist dabei ein offenes Ohr. Und das Tag und Nacht. (mz)
Quelle: Matthias Voss, MZ Zeitzer Zeitung vom 13.10.2018
Foto: Hartmut Krimmer