Jörg Bethmann hat noch lange nicht genug. "Nur weil ich jetzt in Rente bin, gehöre ich mit 63 Jahren noch nicht zum alten Eisen", sagt der frühere Polizeisprecher, der vor drei Jahren in den Ruhestand gegangen ist. Nun hat er sich eine neue Aufgabe gesucht und damit die Leitung des WEISSEN RINGS im Burgenlandkreis übernommen. Der Verein betreut Opfer von Kriminalität, wenn diese juristische, psychologische oder finanzielle Hilfebenötigen oder vermittelt die Kontakte zu anderen Hilfsorganisationen.
Bereits während seiner aktiven Zeit war der Hohenmölsener für den polizeilichen Opferschutz zuständig. "Ich möchte meine Erfahrungen und Beziehungen in dem Bereich weiter einbringen" sagt Jörg Bethmann. Das klingt ein bisschen nach einer Bewerbung um den Posten, die er allerdings gar nicht mehr nötig hat.
Bereits im April hat er die Aufgabe von seinem Vorgänger Ronald Tenner übernomen. Der hatte die Außenstelle des WEISSEN RINGS vor 17 Jahren aus der Taufe gehoben. "Ich wollte mich in der Region engagieren. Und weil es den Verein hier noch nicht gab, habe ich ihn eben selbst gegründet", sagt Tenner. Nach so langer Zeit möchte er nun in die zweite Reihe zurücktreten und wird stellvertretender Vorsitzender.
"Nach einer Straftat dreht sich alles um den Täter. Dabei bräuchten die Opferauch noch viel mehr Aufmerksamkeit", sagt Bethmann. Der Verein springt ein, weil der Staat offenbar nicht immer ausreichend hilft. Häufig sind es Fälle von häuslicher Gewalt, bei dennen Frauen von ihren prügelnden Ehemänner fliehen. Dabei arbeitet der WEISSE RING eng mit Frauenhäuser zusammen.
"Die Opfer brauchen mehr Aufmerksamkeit." Jörg Bethmann, Außenstellenleiter im Burgenlandkreis.
Die meisten Mitglieder des Vereins sind weiblich. Der Verein vermittelt unbürokratisch und kurzfristig rechtsmedizinische Gutachten oder Traumatherapien. "Gerade bei Therapien ist es wichtig, zeitnah einen Termin zu kriegen", sagt Bethmann. Die Ehrenamtlichen begleiten Betroffene auch zu Gerichtsterminen. Wenn schnelle finanzielle Hilfe notwendig ist, kann der spendenfinanzierte Verein einspringen.
Als neuer Chef hat sich Bethmann vorgenommen, neue ehrenamtliche Mitarbeiter zu gewinnen. "Vor allem in der Region Naumburg, Bad Bibra und Eckartsberga könnten wir Verstärkung gebrauchen" sagt er. Wichtig ist auch, die Arbeit des WEISSEN RINGS bekannter zu machen. Denn der Verein hätte noch Kapazitäten, sich um weitere Opfer zu kümmern. Zwar gibt es für den Landkreis keine Zahlen. In Sachsen-Anhalt ist die Zahl der Opfer mit finanzieller Unterstützung 2017 von 310 auf 275 im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen.
Bundesweites Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS: 116 006.
Außenstelle Burgenlandkreis: 034441/ 997462.
Quelle: Jan Iven, MZ Weißenfelser Zeitung vom 26.06.2018
Foto: Peter Lisker